Drachenglut by Jonathan Stroud

Drachenglut by Jonathan Stroud

Autor:Jonathan Stroud [Stroud, Jonathan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Boje Verlag
veröffentlicht: 2013-03-15T04:00:00+00:00


24

Nachdem Sarah gegangen war, ließ Stephen sich Zeit. Er bummelte durchs Haus, duschte und zog sich an. Die ganze Zeit über sah er aus den Fenstern, um sich zu vergewissern, dass sein Opfer ihm nicht entwischte. Aber Michael saß anscheinend zufrieden im Garten, trank seinen inzwischen kalten Kaffee und blickte hinüber zum Wirrim.

Gut, dachte Stephen. Bleib bloß, wo du bist.

Nach einer Weile schien Michael wieder neuen Auftrieb zu bekommen. Er streckte sich, gähnte und ging in die Küche, wo er ziellos Schranktüren öffnete. Doch nichts schien seinen Appetit zu reizen. Unentschlossen stand er da und glotzte ausdruckslos vor sich hin. Schließlich ging er in den Flur. Als er an einer dunklen Nische vorbeikam, trat schweigend eine Gestalt heraus. Ein eisenharter Arm legte sich um seinen Hals und begann ihn zu würgen, während eine andere Hand Michaels Arm im Polizeigriff hinter den Rücken drehte. Michael strampelte wild, aber der Jemand hatte kein Mitleid und zwang ihn, die Treppe hochzugehen. Wann immer er zögerte, wurde er durch Tritte und Armdrehungen wieder angetrieben, und wenn er stolperte, wurde er von dem Arm um seinen Hals weitergezogen. Keuchend und zerzaust kam er bis zum Badezimmer, wo die Dusche auf ihn wartete.

»Gut«, sagte Stephen. »Zeit für eine kleine Plauderei.«

Michael weigerte sich störrisch. »Es gibt nichts zu besprechen. Ich bin müde. Ich will schlafen.«

»Nichts zu bereden? Mannomann, wir sind aber ziemlich daneben.« Stephen packte ihn noch fester. »Zuerst mal …« Er umklammerte Michaels Kopf und zwang ihn, sich über das Waschbecken zu bücken, »… werden wir uns über gestern Nacht unterhalten. Dann …« Er drehte das eiskalte Wasser auf und nahm die Dusche aus ihrer Halterung, »… wirst du mir erzählen, was in deinem strohdummen Kopf vor sich geht. Noch Fragen?«

»Hau ab, du Arsch«, rief die Stimme aus dem Becken.

»Gut.« Stephen richtete den Duschkopf auf Michaels Rücken. Das Wasser lief runter, blähte das T-Shirt auf und kam dann als eisiger Wasserfall an der Taille heraus. Michaels Hose war bald klitschnass, und dann bildete sich eine Lache auf dem Fußboden und wurde immer größer.

Michael wehrte sich mannhaft, aber Stephen hatte den Vorteil des Älteren.

»Wie geht’s so?«, erkundigte er sich nach drei Minuten freundlich.

»Das wirst du bereuen, du verdammter Idiot«, war die einzige Antwort.

Das Wasser strömte noch minutenlang, bis die Klamotten sich so voll gesaugt hatten, dass Michaels Hose runterrutschte.

»Immer noch nichts?« Stephen hörte sich bedauernd und überrascht an.

Die Antwort kam heftig und war negativ.

Stephen musste also zu härteren Maßnahmen greifen … die er allerdings durch die sofort einsetzende Reaktion gerechtfertigt fand.

»Okay, du Mistkerl«, sagte Michael. »Hör auf. Ich rede mit dir, aber es wird dir nicht weiterhelfen.«

Stephen gestattete seinem Opfer, in sein Zimmer zu gehen, sich abzutrocknen und auf dem Bett auszustrecken. Er selbst blieb bei der Tür stehen und lehnte sich lässig an die Wand, um weiterhin die Überlegenheit über seinen Bruder zu wahren, die er auf so unangenehme Weise errungen hatte.

»Na?«, sagte er schließlich. »Was ist passiert?«

Michael leierte mürrisch herunter, an was von dem Traum er sich noch erinnern konnte: das Gefühl der Tiefe, das wachsame unterirdische Auge, die Schönheit der Seelen, die ihre Besitzer nie begreifen würden.



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